Technology Acceptance Model als Analysewerkzeug

 

Shorts Facts

  • Das Technology Acceptance Model hilft, Technologie-Akzeptanz zu schaffen
  • Eine Studie zeigt deutliche Handlungsfelder auf
  • Eine höhere KI-Akzeptanz ist in Wirtschaft und Gesellschaft aufzubauen

Grundkonzept des Technology Acceptance Model (basierend auf Venkatesh und Davis 2020, S. 188)

Eine Kernfrage bei jeder neuen Technologie lautet: Wird diese Technologie auf Akzeptanz stoßen? Diese Frage ist beim Thema Künstliche Intelligenz von den Unternehmen sowohl nach innen wie nach außen zu richten und wie folgt zu konkretisieren: 

  • Werden die eigenen Führungskräfte und Mitarbeiter die KI-Technologie akzeptieren und wertschöpfend einsetzen?
  • Werden die eigenen Kunden sowie weitere wichtige Stakeholder (bspw. Kooperationspartner, wichtige gesellschaftliche Gruppen) die KI-Technologie und deren Einsatz begrüßen?

 

Welche Faktoren wirken auf die Technologie-Akzeptanz ein?

Um diese Frage zu beantworten, wird das Technology Acceptance Model (TAM bzw. Technologieakzeptanzmodell) eingesetzt. Anhand dieses Modells kann ermittelt werden, warum Menschen eine (neue) Technologie verwenden – oder auch nicht. Nach dem Technology Acceptance Model basiert die Bereitschaft zur Nutzung einer (neuen) Technologie auf zwei zentralen Faktoren:

  • Ausmaß der wahrgenommenen Nützlichkeit einer Technologie

Unter der wahrgenommenen Nützlichkeit versteht man das subjektive Empfindung einer Person, dass die Anwendung einer Technologie Vorteile mit sich bringt. 

  • Ausmaß der wahrgenommenen Benutzerfreundlichkeit einer Technologie

Die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit beschreibt, mit wie viel oder auch wie wenig (zusätzlichem) Aufwand das Erlernen sowie die Nutzung einer neuen Technologie einhergeht.

Diese beiden Faktoren beeinflussen die Einstellung zur Nutzung der Technologie. Diese wiederum wirkt sich auf die Absicht zur Nutzung aus. Diese bestimmt letztendlich den konkreten Einsatz der Technologie

Wie die Abbildung verdeutlicht, wirken sich weitere Einflussfaktoren auf den Prozess der Technologie-Akzeptanz aus. Zu diesen Faktoren zählen die subjektiven Normen der (potenziellen) Nutzer. Diese werden konkretisiert als wahrgenommener soziale Druck, ein bestimmtes Verhalten auszuführen oder nicht auszuführen. Auch das jeweilige Image, das ein Nutzer beim Einsatz der Technologie aufbaut, ist verhaltensrelevant – ebenso wie der wahrgenommene Grad der Freiwilligkeit einer Nutzung. Bisher gewonnene Erfahrungen, die (berufliche) Relevanz sowie die Qualität und Klarheit/Eindeutigkeit der erzielten Ergebnisse beeinflussen die Technologie-Akzeptanz. Fehlt es an Qualität und Klarheit der Ergebnisse, reduziert das die Bereitschaft zur Nutzung der Technologie.

 

Einsatz des Technology Acceptance Models für die Technologie „Künstliche Intelligenz“

Wendet man das Technology Acceptance Model auf die Künstliche Intelligenz in einem durchschnittlichen Unternehmen an, so kommt man – Stand heute – vielfach zu folgendem Ergebnis:

  • Erfahrung: eher gering und deshalb Akzeptanz-bremsend.
  • Freiwilligkeit: meist hoch, weshalb man sich in vielen Unternehmen mit der Künstlichen Intelligenz vielfach noch gar nicht beschäftigt hat. Dies ist eher akzeptanzfördernd.
  • Subjektive Normen: (Noch) wird eine Beschäftigung mit KI in unserem Kulturkreis vielfach eher kritisch gesehen. Wer Bedenken gegen den KI-Einsatz vorbringt, kann heute häufig (noch) punkten. Wer KI dagegen einsetzt, muss teilweise schon mit Angriffen rechnen. Das fördert in Summe die Akzeptanz der Technologie nicht.
  • Image: Vielfach werden über einen KI-Einsatz immer noch Honor-Storys erzählt. Viel häufiger wird darüber berichtet, was KI-gestützt alles falsch gelaufen ist als darüber, wo bereits heute KI in hohem Maße Nutzen stiften kann. Deshalb wird KI-Anwendern außerhalb des eigenen engeren Umfelds häufig mit Skepsis begegnet. Auch das wirkt sich negativ auf die KI-Akzeptanz aus.
  • Relevanz: Viele erkennen noch nicht, wie relevant das Thema für die eigene Branche, das eigene Unternehmen und die eigene Beschäftigungsfähigkeit ist. Und wo keine Relevanz gesehen wird, muss man sich auch nicht mit einer neuen Technologie beschäftigen.
  • Qualität des Outputs: Wie schon angedeutet, konzentrieren sich viele KI-Berichte in den Publikumsmedien auf „KI-Versagen“. Hier wird häufig bereit darüber berichtet, welchen Unsinn KI wieder einmal angestellt hat. Die alltäglichen Erfolgsmeldungen über KI-gestützte Lösungen schaffen es dagegen weniger in die Medien. Auch dies wirkt sich negativ auf die KI-Akzeptanz aus.
  • Klarheit/Eindeutigkeit der Ergebnisse: Die Ergebnisse der KI-Systeme sind häufig sehr klar, wenn es um konkrete Entscheidungsprozesse geht. Bei der KI mangelt es allerdings daran, wie diese Ergebnisse im Einzelnen zustande kamen. Hier wird von einer Black Box AI gesprochen, die nur mit viel Aufwand in eine Grey Box AI zu verändern ist. Aufgrund welcher genauen Erkenntnisse die KI ein bestimmtes Ergebnis erzielt hat, ist selbst für die größten KI-Spezialisten nicht bzw. nicht immer nachvollziehbar. Die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse ist ebenfalls eine große Akzeptanzbremse.

Beim Blick auf diese Situation ist unschwer erkennbar, welche umfassende Aufklärungsarbeit noch zu leisten ist, um für die Künstlichen Intelligenz auf breiter Basis Akzeptanz zu schaffen. Hierbei geht es zum einen um die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz wie auch um die Akzeptanz in den Unternehmen selbst.

 

Wie sieht es im Jahr 2021 mit der KI-Akzeptanz in Deutschland aus?

Wie die KI-Akzeptanz in Deutschland heute tatsächlich ausfällt, zeigt die Artificial Intelligence Trendstudie 2021, die von der IU Internationale Hochschule (2021) durchgeführt wurde. Für diese Studie wurden anonymisiert mehr als 500 Mitarbeiter und Führungskräfte aus Unternehmen verschiedener Größen befragt. Der Großteil der Befragten verfügt über mehr als 10 Jahre Berufserfahrung. Die zentralen Ergebnisse dieser Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die Relevanz der Künstlichen Intelligenz in den Unternehmen steigt! Knapp 43 % der Befragten geben an, dass sie den KI-Einsatz zum aktuellen Zeitpunkt für wichtig halten. Dieser Wert steigt auf über 60 % an, wenn es um die zukünftige Relevanz der KI geht. Diese Werte zeigen, dass die Mehrheit der Unternehmen noch nicht erkannt hat, dass ein zukünftiger KI-Einsatz bereits heute beginnen muss – und sei es mit ersten Fingerübungen in Sachen KI, um morgen über die erforderlichen KI-Kompetenzen zu verfügen. Die Länge des hier zurückzulegenden Weges wird sichtbar unterschätzt!
  • Bei der Künstlichen Intelligenz gibt es einen Implementierungsengpass! 70 % der Befragten in Führungspositionen geben an, dass sich ihr Unternehmen bereits konkret mit KI auseinandersetzt. Allerdings sagen nur 17,9 %, dass ihr Unternehmen über alle notwendigen Kompetenzen im KI-Bereich verfügt. Außerdem fehle es an der entsprechenden Bereitschaft für Investitionen – und am KI-Know-how
  • Das Potenzial der Künstlichen Intelligenz wird noch lange nicht ausgeschöpft! Bei den Unternehmen dominiert bisher eine eher kurzfristige Sicht auf die KI. Das Wachstumspotenzial wird dagegen nicht gesehen. Lediglich 14,3 % der Unternehmen haben KI im Einsatz. Fast die Hälfte der Unternehmen (genau 47,5 %) geben an, dass sie sich im Unternehmen noch nicht mit dem Thema KI beschäftigen. Hier wird im Vergleich zum oben genannten Ergebnis bei den Führungskräften deutlich: KI ist als wichtiges Handlungsfeld im Gesamtunternehmen noch nicht angekommen. Hier muss gleichsam ein „KI-Ruck“ durch das Unternehmen gehen, damit der KI-Zug nicht ganz verpasst wird.
  • Bei der Künstlichen Intelligenz fehlt es in den Unternehmen an den notwendigen Kompetenzen! Knapp zwei Drittel der Befragten geben an, dass sie nicht über das notwendige KI-Wissen verfügen. Trotzdem sind weniger als ein Drittel der Befragten bereit, sich die notwendigen Skills anzueignen. Jeder Fünfte meint – allerdings fälschlicherweise, dass es an Weiterbildungsangeboten zur KI fehlt. Um dies zu widerlegen, reicht allein schon ein Blick auf das aktuelle Trainingsprogramm der Bitkom Akademie! Up-Skilling stellt folglich keinen wirklichen Hindernisgrund dar. Trotzdem wird es als Grund gegen den KI-Einsatz benannt. Hier bedarf es einer Bildungsoffensive; auf Seiten der Unternehmen ebenso wie – gerne auch selbst initiiert – auf Seiten der Führungskräfte und Mitarbeiter.
  • Vorbehalte der Mitarbeiter gegenüber der Künstlichen Intelligenz als große Hürde! Nur 2,9 % der Befragten meinen, dass in ihrem Unternehmen zu viel KI eingesetzt wird. Dieser Wert ist bei dem ausgewiesenen KI-Implementierungsgrad auch nicht anders zu erwarten. Allerdings werden – aus Sicht der Führungskräfte – als größte Hürden beim KI-Einsatz auch die Vorbehalte der Mitarbeitenden (27,7 %) genannt – nach den hohen erforderlichen Investitionen (33,5 %), der technischen Einbindung in bestehende Systeme und der Sicherstellung des Datenschutzes (mit je 31 %) und der IT-Sicherheit (27,8 %). Über drei Viertel aller Befragten haben gleichzeitig nur wenige Bedenken, dass der eigene Arbeitsplatz durch KI ersetzt werden könnte oder ganz wegfällt. Hier stellt sich die Frage: Ist dies Naivität oder schlicht das fehlende Wissen um die KI-Potenziale, deren Erschließung natürlich auch mit gravierenden Veränderungen der Arbeitswelt einhergehen? 

 

Was ist beim Blick auf die KI-Akzeptanz in Deutschland zu tun?

Es bedarf einer umfassenden Up-Skilling-Offensive, um die gravierenden Wissenslücken zu schließen. Nur dann können Vorbehalte abgebaut und vor allem auch die KI-Potenziale auf breiter Front erkannt werden – und nicht nur im Management. Dies ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, die Weichen viel stärker in Richtung einer umfassenderen Beschäftigung mit KI zu stellen – und zwar heute schon. Hierbei geht es um die finanziellen und personellen Ressourcen, die für einen KI-Einsatz unverzichtbar sind.

Die Bitkom Akademie hält für diesen Up-Skilling-Prozess spannende Angebote bereit. Diese ranken sich von KI-spezifischen Seminaren bis hin zur Ausbildung eines Chief Digital Officers, der den Einsatz der Künstlichen Intelligenz im Unternehmen forcieren und moderieren muss.

Schließlich gilt: Unwissenheit schützt vor Fehlentscheidungen nicht!

Quellen:
IU Internationale Hochschule (2021): Artificial Intelligence Trendstudie 2021, Zugegriffen 4.11.2021

Venkatesh, V./Davis, F. D. (2000): A Theoretical Extension of the Technology Acceptance Model: Four Longitudinal Field Studies, in: Management Science, Vol. 2, 2/2000, S. 186-204
 

Über den Autor | Ralf T. Kreutzer

Professor für Marketing | Berlin School of Economics and Law

Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer ist seit 2005 Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht/Berlin School of Economics and Law. Parallel ist er als Trainer, Coach sowie als Marketing und Management Consultant tätig. Er war 15 Jahre in verschiedenen Führungspositionen bei Bertelsmann (letzte Position Direktor des Auslandsbereichs einer Tochtergesellschaft), Volkswagen (Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft) und der Deutschen Post (Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft) tätig, bevor er 2005 zum Professor für Marketing berufen wurde. 

Professor Kreutzer hat durch regelmäßige Publikationen und Keynote-Vorträge (u.a. in Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien, Singapur, Indien, Japan, Russland, USA) maßgebliche Impulse zu verschiedenen Themen rund um Marketing, Dialog-Marketing, CRM/Kundenbindungssysteme, Database-Marketing, Online-Marketing, Social-Media-Marketing, Digitaler Darwinismus, Digital Branding, Dematerialisierung, Change-Management, Künstliche Intelligenz, Agiles Management, strategisches sowie internationales Marketing gesetzt und eine Vielzahl von Unternehmen im In- und Ausland in diesen Themenfeldern beraten. 

Seine jüngsten Buchveröffentlichungen sind „Toolbox für Marketing und Management“, „Künstliche Intelligenz verstehen“ (2019, zusammen mit Marie Sirrenberg), „B2B-Online-Marketing und Social Media (2. Aufl., 2020, zusammen mit Andrea Rumler und Benjamin Wille-Baumkauff), „Voice-Marketing“ (2020, zusammen mit Darius Vousoghi), „Die digitale Verführung“ (2020), „Kundendialog online und offline“ (2021), „Praxisorientiertes Online Marketing“ (4. Auflage, 2021), „Social-Media-Marketing kompakt“ (2. Aufl., 2021), „E-Mail-Marketing kompakt“ (2. Aufl., 2021), „Online-Marketing – Studienwissen Kompakt (3. Aufl., 2021) und „Toolbox für Digital Business“ (2021).

Darüber hinaus leitet Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer die berufsbegleitende Ausbildung zum Chief Digital Officer (CDO) sowie das Seminar Nachhaltige Unternehmensführung bei der Bitkom Akademie.

www.ralf-kreutzer.de

 

 

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