Shorts Facts
- Die digitale Transformation ist „People Business“
- Eine Lernkultur ist zu installieren
- HR nimmt eine Schlüsselfunktion ein

Ohne qualifizierte und motivierte Menschen keine digitale Transformation
Welche Bedeutung kommt dem Human-Ressource-Management in Unternehmen zu, wenn eine digitale Transformation zu leisten ist? Geht es bei der Transformation primär um Technologien, die im Unternehmen eingeführt werden müssen? Oder kommt es vor allem auf die Mitarbeiter und die Führungskräfte an? Die (auch) bei der digitalen Transformation gültige Erfolgsformel lässt sich auf einen einfachen Nenner bzw. eine einfache Reihenfolge bringen: People ➔ Process ➔ Products ➔ Profit
Mitarbeiter und Führungskräfte treffen Entscheidungen, entwickeln (digitalisierte) Prozesse, die zu Produkten und Dienstleistungen führen. Ob diese Gewinne erzielen, hängt davon ab, wie kundenorientiert – von Menschen – im Unternehmen gedacht und gehandelt wird.
Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation
Die Bertelsmann Stiftung hat gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO unter Beteiligung der Otto Group versucht, die wichtigsten Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation herauszuarbeiten. In die Untersuchung wurden 20 Führungskräfte von 15 Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branche eingebunden. Die Bandbreite reichte von IT- und Software-Unternehmen über Banken und Versicherungen bis zu Baufirmen und Produzenten von Druckfarben. Die Erhebung erfolgte durch einen Methodenmix aus qualitativen Face-to-Face-Interviews und einem quantitativen, online-basierten Assessment-Center.
Ein zentrales Ergebnis war, dass vor allem die folgenden menschlichen Faktoren besonders wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation sind. Hierzu zählen vor allem:
- Hohe Probierfreudigkeit
- Eine umfassende Innovationskultur
- Eine offene Kommunikation
- Eine große Veränderungsbereitschaft auf der Führungsebene
Diese Erkenntnisse gelten unabhängig von der Größe eines Unternehmens, seiner Branchenzugehörigkeit sowie den jeweils betreuten Geschäftsfeldern. Bei der Untersuchung wurde auch deutlich, dass eine technische Umstellung auf digitale Anwendungen und Arbeitsmittel nur den Anfang eines Veränderungsprozesses markieren kann. Da eine digitale Transformation das Unternehmen als Ganzes erfasst und durchdringt, ist es nach Einschätzung der Befragten entscheidend, dass Vertreter des Top-Managements die Veränderungen annehmen, vorleben und transparent kommunizieren. Dem Middle-Management kommt hierbei eine besonders wichtige Vermittler-Rolle zu.
Erfolgstreiber der digitalen Transformation: HR-Management
Eine wichtige, gleichsam unverzichtbare Aufgabe für das HR-Management besteht darin, das Know-how und die Flexibilität aller Mitarbeiter zu mobilisieren, um gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln. Durch eine Öffnung nach außen, beispielsweise durch Kooperationen mit Start-ups oder wissenschaftlichen Einrichtungen, können wertvolle Impulse von außen gewonnen werden (Stichwort „Outside-in Innovationsprozess“).
Wird im Rahmen des Transformationsprozesses eine größere Eigenverantwortung der Mitarbeiter gefordert, bedingt dies auch vielfach ein neues Führungsverständnis sowie eine ausgeprägte Fehlerkultur. Viel schöner wäre hier, wenn wir uns von dem vielfach verwendeten Begriff der „Fehlerkultur“ (mit negativer Konnotation) lösen und von einer „Lernkultur“ sprechen würden! Wir haben schließlich alle erfahren, dass Fehler zum Lernen dazugehören – und wir oftmals aus Fehlern besonders viel gelernt haben!
Beim Einsatz flexibler Organisationsformen, die klassische Hierarchien ablösen, wird die Führungskraft als Moderator und Enabler gefordert. Ein solcher Prozess muss durch eine umfassende Qualifizierungsoffensive unterstützt werden. Schließlich sind vielfach weder die Führungskräfte noch die Mitarbeiter auf diese Veränderungen vorbereitet. Eine auf Agilität ausgerichtete Unternehmenskultur lässt sich nicht einfach verordnen!
Aufgabenstellungen für das HR-Management
In der Abbildung sind die zentralen Herausforderungen für das HR-Management zusammengeführt, die durch die vielfältigen Veränderungen im Unternehmen und in dessen Umfeld notwendig werden. Hier stehen vor allem solche Maßnahmen im Mittelpunkt, die durch eine Weiterentwicklung der Organisations- und IT-Architektur hervorgerufen werden
- Organisation
Die bisher auf Steuerung, Kontrolle und Koordination ausgerichtete Ablauf- und Aufbau-Organisation ist im Hinblick auf die Entwicklung und Vermarktung von Innovationen zu unterstützen. Hierzu sind die Akteure auf ein stärker vernetztes, projektorientiertes Arbeiten auszurichten – und dafür die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. - Teams
Während in vielen Unternehmen die Teams auf die Erreichung einer hohen (fehlerfreien) Qualität ausgerichtet waren, muss jetzt eine Ausrichtung auf Kreativität und Schnelligkeit erfolgen – zusätzlich. Hierfür sind Führungskräfte und Mitarbeiter mit den Methoden des agilen Managements vertraut zu machen. - Individuen
In vielen Unternehmen – das zeigen die Gallup-Studien zum Employee Engagement jedes Jahr aufs Neue – dominieren vielfach Mitarbeiter, die nur eine geringe emotionale Bindung an ihr Unternehmen aufweisen. Sie lassen sich vielfach eher extrinsisch motivieren. Um den Herausforderungen des digitalen Zeitalters gerecht zu werden, sind heute dagegen Mitarbeiter gefordert, die – durch den Purpose des Unternehmens angesprochen – stärker intrinsisch motiviert sind. Diesen Purpose gilt es herauszuarbeiten und nach innen zu kommunizieren. - Anwendungen
Die Herausforderung für IT und HR gleichermaßen besteht darin, die Mitarbeiter nicht mehr nur möglichst gut bei Prozessen zu unterstützen, sondern zusätzlich ein weiterführendes Enabling zu sichern. Es geht darum, dass Führungskräfte und Mitarbeiter – gerade auch im Hinblick auf die notwendigen Innovationen – umfassender durch Anwendungen (bspw. aus den Bereichen KI, VR, AR, Business Intelligence) unterstützt werden. - Infrastruktur
Auch „Infrastruktur“ ist kein reines Prozess- oder Technologie-Thema. Wenn die Infrastruktur bisher auf Effizienz und Sicherheit ausgerichtet war und jetzt Flexibilität, Ubiquität (Überall-Einsatzfähigkeit) und Agilität an Bedeutung gewinnen, dann gelingt das nur, wenn die Belegschaft hier mitzieht. Eine Voraussetzung dafür, dass neue Technologien nicht primär Angst auslösen, sondern produktive Neugierde, ist ein umfassendes Wissen über die mit einer Technologie einhergehenden Chancen und Risiken.
Hier wird sichtbar: HR muss eine (digitale) Trainingsagenda erstellen, um den Transformationsprozess durch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter und Führungskräfte zu unterstützen.
Quellen:
- Bertelsmann Stiftung (2020b): Erfolgskriterien betrieblicher Digitalisierung, Gütersloh.
- Jäger, A. (2020): Arbeit 4.0, Fraunhofer-Institut, Donau-Universität Krems.