Der Dreiklang Purpose – Vision – Mission

In den Unternehmenspräsentation und der unternehmerischen Selbstdarstellung werden die Begriffe Purpose, Vision und Mission weder trennscharf noch konsistent unterschieden. Deshalb wird hier aufgezeigt, wie diese Begriffe miteinander verbunden sind.

Purpose - Vision - Mission

 

Die Antwort auf die Frage des „Why?“ führt zum Purpose.

Beim Purpose wird der übergreifende Grund bzw. der Zweck definiert, warum ein Unternehmen existiert (Stichwort Collective Purpose bzw. Higher Purpose (vgl. auch Nugget Purpose I). Dabei ist zu klären, warum ein Unternehmen eine bestimmte Reise antritt. Es geht um die Begründung eines eigenen Tuns. Der Purpose ist folglich die Antwort auf die Frage, warum ein Unternehmen tut was es tut. Welche großen Probleme werden hier gelöst?

Diese Antwort auf diese Frage ist häufig gleichsam die Absichtserklärung, die zur Gründungsgeschichte neuer Unternehmen gehört. Bei etablierten Unternehmen geht es um eine überzeugende Antwort auf die Frage:

Was würde die Welt verlieren, wenn es das Unternehmen nicht gäbe?

Die gleiche Frage gilt es auch für jede Marke zu beantworten!

Die Kernzielgruppe für den Purpose sind alle Stakeholder des Unternehmens.

 

Die Antwort auf die Frage des „How?“ ergibt die Vision.

Durch die Vision wird der Purpose konkreter auf das jeweilige Unternehmen heruntergebrochen und damit anschaulicher. Die Vision liefert die Grundlage für die zukünftige Positionierung des Unternehmens sowie für die Entwicklung von Strategien zur deren Erreichung. Die Vision konkretisiert als Bild in groben Zügen, wie die Reise stattfinden soll und zeigt auf, wie die Zukunft aussieht, wenn die übergreifenden Ziele erreicht werden.

Die Vision verdeutlicht, in welche Richtung sich das Unternehmen entwickeln möchte. Visionen sind ehrgeizig zu definieren. Sie sollen inspirieren, indem sie ein Bild von einer Zukunft zeichnen, auf die es sich hinzuarbeiten lohnt.

Die Kernzielgruppe für die Vision sind die eigenen (gegenwärtigen und potenziellen) Führungskräfte und Mitarbeiter.

 

Die Antwort auf die Frage des „What?“ leitet zur Mission.

Durch die Mission wird die Vision in konkretere Ziele, Verhaltensweisen und Aufgabenstellungen heruntergebrochen. Die Reise wird in bestimmte Etappen eingeteilt, es werden konkrete Zwischenziele definiert und mit Ressourcen ausgestattet. Die Mission ist folglich eine umsetzbare Visionserklärung und gleichsam der Fahrplan, durch den eine Vision mit Leben gefüllt werden kann. Die Mission ist die Überleitung zur Erbringung ganz konkreter Produkte und Dienstleistungen.

Die Kernzielgruppe für die Mission sind hier die Kunden des Unternehmens.

Eines ist hierbei zu berücksichtigen. Der Purpose, die Vision und die Mission sind zunächst lediglich Worte. Idealerweise sind diese Worte geeignet, um in den Köpfen der Führungskräfte und Mitarbeiter sowie weiterer Stakeholder motivierende Bilder zu erzeugen. Ob und wie tatsächlich agiert wird, ist allein von den handelnden Personen abhängig. Sonst bleiben Worte einfach Worte, ohne diese in entsprechende Taten umzusetzen.

Wie häufig haben wir hier schon an das Zitat von Goethe gedacht?

"Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, kann etwas Nützliches geschehn."

 

Wie ist der Stand einer Purpose-basierten Unternehmensführung in Deutschland?

Im Rahmen der Kienbaum Purpose Studie 2020 wurden über 1.300 Fach- und Führungskräfte zum Thema Purpose in Deutschland befragt. Bei dieser Untersuchung wurden folgende zentralen Erkenntnisse gewonnen (vgl. Kienbaum 2020, S. 9, 50f.):

  • 59 % der Mitarbeiter kennen den Purpose ihres Unternehmens nicht. Das heißt, dass lediglich 41 % der Befragten das offizielle Purpose-Statement ihres Arbeitgebers bekannt ist.
  • 46 % der Befragten konnten über keinen konkreten Purpose-Einführungsprozess berichten.
  • 54 % der Studienteilnehmer waren an der Entwicklung des Purpose in ihrem Unternehmen nicht beteiligt.
  • Nur 34 % erkennen eine klare Abgrenzung zwischen Purpose, Vision und Mission. 40 % sagen „Nein“ und weitere 26 % wissen es nicht.
  • 39 % der Unternehmen sind auf ökonomische Wertschaffung ausgerichtet. 15 % fokussieren primär die soziale Wertschaffung. 22 % verfolgen eine gleichermaßen soziale, ökologische und ökonomische Wertschaffung.
  • Für die Umsetzung des Purpose sind CEO bzw. Geschäftsführung verantwortlich. Unterstützt werden sie vom HR-Bereich sowie von der Unternehmenskommunikation.
  • 66 % der Führungskräfte berichten von einer gestiegenen Markenwahrnehmung und einer verbesserten Kommunikationsreichweite seit der Einführung des Purpose.
  • Ein klar kommunizierter Purpose geht mit besseren finanziellen Leistungsindikatoren (Umsatz und Profitabilität) und besseren personenbezogenen Leistungsindikatoren (Glaubwürdigkeit, Commitment und Sinn-Erleben) einher.

Diese Ergebnisse von Kienbaum zeigen wichtige Handlungsfelder auf, die bisher nicht umfassend bearbeitet wurden.

Ein anderer konzeptioneller Ansatz zur Analyse des Purpose in deutschen Unternehmen lag der Purpose Readiness Studie von GlobeOne (2021, S. 11) zugrunde. Um den Purpose Readiness Index zu ermitteln, wurden hier die folgenden fünf Purpose-relevante Dimensionen überprüft:

  • Unnachhaltig
  • Unauthentisch
  • Unehrlich
  • Profitorientiert
  • Nicht zukunftsfähig

Basierend auf diesen Werten wurden für die untersuchten Unternehmen 0-100 Punkte vergeben. Je nach Punktwert wird den Unternehmen eine „fehlende Basis“ (< 50 Punkte), „kritische Purpose-Lücken“ (50-59 Punkte), „teilweise Purpose-ready“ (60-69 Punkte) bzw. „Purpose-ready“ (> 70 Punkte) bescheinigt. In dieser Studie wurden 96 größtenteils deutsche verbrauchernahe Unternehmen durch 3.094 Studienteilnehmer bewertet. Im Zuge dieser Purpose Readiness Studie wurden durch GlobeOne (2021, S. 4) die folgend präsentierten Ergebnisse gewonnen.

 

Die Mehrheit der deutschen Marken ist nur teilweise „Purpose-ready“

  • Lediglich 15 % der analysierten Marken sind bei den Konsumenten und in der Öffentlichkeit so gut positioniert, dass sie einen Purpose umfassend glaubwürdig kommunizieren können.
  • 57 % der Marken sind erst teilweise „Purpose-ready“. Ihre Ausgangsbasis ist dennoch glaubwürdig genug, um mit Purpose und der Erfüllung von ESG-Kriterien zu kommunizieren (vgl. ESG-Nugget).
  • Der überzeugende Sieger beim Purpose Readiness Index ist dm Drogeriemarkt mit 78,1 Punkten, gefolgt von Zeiss (73,7) und dem bisherigen Erstplatzierten Bosch (73,5). Auf den Plätzen 4 und 5 folgen Kärcher und Miele mit jeweils 73,4 Punkten.

 

Dienstleister kämpfen vielfach noch mit der Purpose-Glaubwürdigkeit – die Immobilien-Branche ist besonders schlecht positioniert.

  • Mit der Ausnahme des Einzelhandels liegt die Purpose-Glaubwürdigkeit der dienstleistungsnahen Branchen unter dem Branchenschnitt von 62,6 Punkten.
  • Die dienstleistungsnahen Unternehmen tun sich schwer damit, einen positiven Beitrag zu Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Anliegen sichtbar zu machen.
  • Dies wird besonders beim Immobiliensektor. Hier liegen die inzwischen zusammengeführten Unternehmen Vonovia (44) und Deutsche Wohnen (42,7) auf zwei der letzten fünf Plätze.

 

Purpose als Grundlage für einen Führungsanspruch und eine überzeugende Kommunikation

  • Obwohl sich inzwischen viele Unternehmen mit dem Thema „Purpose“ beschäftigen, wird das mögliche Kommunikationspotenzial meist nicht ausgeschöpft.
  • Das geschwächte Vertrauen in politische Parteien könnten Unternehmen mit einer hohen Purpose-Glaubwürdigkeit für ihre Positionierung als Vordenker nutzen.
  • Eine überzeugende Purpose-Positionierung liefert spannende Ansatzpunkt für die Kommunikation mit Investoren, die zunehmend auf ESG-Kriterien setzen (vgl. ESG-Nugget).

Hier wird eines deutlich: Das Potenzial, welches mit einer überzeugenden Purpose-Positionierung einher gehen kann, wird noch lange nicht ausgeschöpft. Dies wird anhand der folgenden Ergebnisse nochmals besonders deutlich (vgl. GlobeOne 2021, S. 7):

  • Bisher haben zwar 80 % der DAX-Unternehmen ein Purpose-Statement definiert. Ein solches Purpose-Statement stellt den ersten wichtigen Teil einer Purpose-basierten Unternehmensführung dar.
  • Allerdings fühlen sich nur 28 % der Mitarbeiter vollständig mit dem Unternehmenszweck verbunden. Das bedeutet, dass die Kommunikation des Purpose bei zwei Dritteln der Führungskräfte und Mitarbeiter bisher gescheitert ist (vgl. Purpose-Nugget 2). Wie soll dann eine positive Ausstrahlung auf die weiteren Stakeholder gelingen?
  • Lediglich 10 % der Marketer sagen, dass der Zweck ihres Unternehmens über das reine Produkt- bzw. Dienstleistungsversprechen hinausgeht und auch ein gesellschaftliches Engagement umfasst. Durch die fehlende Verankerung des Purpose kann es nicht gelingen, die gesamte Belegschaft auf die Umsetzung des Purpose im täglichen Tun einzustimmen.

Hier wird nochmals deutlich, dass für eine umfassende Verankerung einer Purpose-basierten Unternehmensführung noch ein langer Weg zu beschreiten ist.

 

 

Literatur-Empfehlungen

 

Bitkom Akademie | Prof. Ralf T. Kreutzer - Literatur

 

Toolbox für Digital Business
Leadership, Geschäftsmodelle, Technologien und Change-Management für das digitale Zeitalter

 

Bitkom Akademie | Prof. Ralf T. Kreutzer - Literatur

 

Digital Business Leadership
Digital Transformation – Business Model Innovation – Agile Organization – Change Management

 

Bitkom Akademie | Prof. Ralf T. Kreutzer - Literatur

 

Toolbox for Marketing and Management
Creative Concepts, Forecasting Methods, and Analytical Instruments

 

 

Digitale Markenführung
Digital Branding im Zeitalter des digitalen Darwinismus